Nasennebenhöhlenentzündung: Wenn die Zähne schuld sind

Eine Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) wird meist durch eine Erkältung verursacht. Doch auch kranke Zähne können der Auslöser sein.In diesem Fall sprechen Zahnmediziner von "odontogener Sinusitis maxillaris". Welche Symptome auf eine Zahnbeteiligung bei einer Nasennebenhöhlenentzündung hindeuten, erklärt Dr. Viktor E. Karapetian, Oralchirurg und Zahnarzt des Carree Dental in Köln, im Interview mit t-online.t-online: Sind Zahnschmerzen, die bei einer Erkältung auftreten, bedenklich?Dr. Viktor E. Karapetia: Zuerst einmal nicht. Bei einer Erkältung beziehungsweise einer erkältungsbedingten Nasennebenhöhlenentzündung sind die Schleimhäute der Nase und der Nasennebenhöhlen entzündet. Sie schwellen oftmals stark an und bilden vermehrt Sekret. Die Durchlüftungssituation verändert sich. Betroffene spüren das unter anderem durch Druckgefühle im Kopf, Kopfschmerzen und nicht selten auch durch Ohren- und Zahnschmerzen. Ist die Erkältung überstanden und die Nasennebenhöhlenentzündung abgeklungen, lassen in der Regel auch die Zahnbeschwerden wieder nach. Bestehen die Symptome weiter fort, sollte man einen Zahnarzt aufsuchen.Welche Zahnerkrankungen stehen häufig mit einer Sinusitis in Zusammenhang?Viele Entzündungen der Nasennebenhöhle, insbesondere der Kieferhöhle, sind ausgelöst durch akut oder chronisch entzündete Oberkiefer-Seitenzähne oder durch Verbindungen zwischen Mundhöhle und Kieferhöhle, die versehentlich bei der Entfernung von Oberkiefer Seitenzähnen entstehen können.Weitere Ursache für die odontogene Sinusitis maxillaris können tiefe Knochentaschen sein, die aufgrund von Parodontalerkrankungen der Zähne entstehen können oder die Folge infizierter Extraktions- beziehungsweise Operationswunden sind.Wie zeigt sich diese Form der Sinusitis?Bei der akuten Kieferhöhlenentzündung kann es zu starken Schmerzen kommen. Eine Schmerzzunahme beim Vornüberbeugen ist ein typisches Sinusitis-Schmerz-Symptom. Oft berichten Patientinnen und Patienten auch vom Ausstrahlen der Schmerzen in die Zähne des Oberkiefers.Weitere Symptome können Stirnkopfschmerzen, eitriger Ausfluss aus der Nase, Fieber und die Schwellung der Wange und des Augenlides sein. Bei der chronischen Kieferhöhlenentzündung sind die Symptome meist wesentlich milder. Viele Betroffene berichten über ein Fremdkörpergefühl im Oberkiefer-Seitenzahnbereich oder einen einseitigen hartnäckigen Schnupfen mit vermehrtem Nasensekret, oft begleitet von uncharakteristischen Kopfschmerzen.Aber es kann auch sein, dass keine zahnbedingten Symptome vorhanden sind oder diese von den Symptomen der Sinusitis überlagert werden.Wann sollte man bei einer Nasennebenhöhlenentzündung an kranke Zähne denken?Treten Symptome einer Nasennebenhöhlenentzündung zusammen mit Zahnbeschwerden auf, fehlen Erkältungsbeschwerden wie Husten, Halskratzen oder Halsweh oder klingt eine Sinusitis nach einer vermeintlichen Erkältung nicht ab, sollte man genauer hinschauen. Dann können möglicherweise kranke Zähne die Ursache sein.Hinweise sind unter anderem einseitige Beschwerden sowie stärker werdende Zahnschmerzen. Auch bei vorausgegangenen zahnärztlichen, oralchirurgischen oder mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Maßnahmen kann ein Nasennebenhöhlenentzündung mit der Behandlung in Zusammenhang stehen. Das kann beispielsweise eine operative Zahnentfernung, das Setzen eines Implantats oder eine Wurzelkanalfüllung sein.Wie stellt der Zahnarzt in diesem Fall die Diagnose?Besteht der Verdacht einer odontogenen Kieferhöhlenentzündung, sollte ausgeschlossen werden, dass eine Mund-Kieferhöhlenverbindung vorliegt, die aufgrund eines vorangegangenen Ziehen eines Zahnes entstanden sein kann. Der Zustand der Zähne, ihre Empfindlichkeit, die Lockerung von Zähnen und die Tiefe von Zahntaschen sollte erfasst werden.Gleiches gilt auch für die Untersuchung von Zahnimplantaten. Ergänzend können bildgebende Verfahren zur Diagnostik der odontogenen Sinusitis maxillaris verwendet werden. Hier empfiehlt sich ein Orthopantomogram oder ein digitale Volumentomographie. Oft genügt auch schon eine kleine Zahneinzelaufnahme des schmerzenden Zahns, um eine Beherdung der Wurzel zu diagnostizieren. Ist die Diagnose entsprechend gesichert, erfolgt die Therapie der Kieferhöhlenentzündung.Welche Therapiemaßnahmen sind möglich?Oft ist die Beseitigung der Ursache schon ausreichend, um eine odontogene Kieferhöhlenentzündung zu therapieren, etwa die Entfernung eines entzündeten Zahnes, der Verschluss der Kieferhöhlen-Mundhöhlen-Verbindung oder die Entfernung von Fremdkörpern in der Kieferhöhle, zum Beispiel Wurzelfüllmaterial. Je nach Ausprägungsgrad der bestehenden Entzündung ist eine antibiotische Therapie zur Unterstützung der konservativen oder chirurgischen Therapie empfohlen.Hierfür eignen sich in der Regel Aminopenicilline. Bei Vorliegen einer Penicillinallergie ist die Gabe von Clindamycin empfohlen. Bessern sich die Beschwerden nicht, ist eine Überweisung zum Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen dringend anzuraten, um eine Tumorerkrankung der Kieferhöhle auszuschließen zu lassen.Herr Dr. Karapetian, vielen Dank für das Gespräch.