Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Luftnot sind typische Anzeichen für eine Herzschwäche. Die Ursachen können vielfältig sein. Eine davon ist eine bislang unheilbare Krankheit: die kardiale Amyloidose. Wegen ihrer Seltenheit und ihrer unspezifischen Symptome wird die Krankheit oft erst spät erkannt. Viele Betroffene haben daher einen langen Diagnoseweg und viele Arztbesuche hinter sich, bis die Ursache ihrer Beschwerden eindeutig geklärt ist. So geht oft wertvolle Zeit verloren und die Prognose des Patienten verschlechtert sich.Definition: Was ist eine kardiale Amyloidose?Der medizinische Begriff "Amyloidose" umfasst eine Gruppe von seltenen Erkrankungen, bei denen es zu Ablagerung von defekten Eiweißen (Amyloiden) in unterschiedlichen Organen kommt. Entsprechend unterschiedlich können die Krankheitsbilder sein.Ist das Herz betroffen, spricht man von einer kardialen Amyloidose. "Die Eiweißablagerungen zwischen den Herz-Muskel-Zellen führen dazu, dass die Wanddicken des Herzmuskels zunehmen, was die Leistung des Herzens schwächen kann", erklärt Dr. Fabian aus dem Siepen, Facharzt für Innere Medizin im Institut für Cardiomyopathien (ICH) am Universitätsklinikum in Heidelberg. Das Herz verliere an Pumpkraft und es entwickele sich eine Herzschwäche.Formen: AL Amyloidose und ATTR AmyloidoseEine Herz-Amyloidose kann in verschiedenen Varianten auftreten. "Die häufigsten Formen sind die Leichtketten-Amyloidose (AL-Amyloidose) und die Transthyretin-Amyloidose (ATTR-Amyloidose)", sagt aus dem Siepen.Bei der AL Amyloidose produzierten körpereigene Immunzellen fehlgefaltete Proteine, erklärt der Internist. Bei der ATTR-Amyloidose dagegen sei es die Leber, die Proteine in einer fehlerhaften Form herstelle.Vielfalt an unspezifischen Symptomen "Leider ist es nicht so, dass sich eine Herz-Amyloidose in einem konkreten Symptom zeigt", sagt aus dem Siepen. Vielmehr komme es zu einer Vielzahl allgemeiner Beschwerden, die sich weitgehend mit den Leitsymptomen einer Herzschwäche decken: ErschöpfungAtemnot und KurzatmigkeitOhnmachtsanfälleWassereinlagerungen (Ödeme), meist an den KnöchelnHerzrhythmusstörungen (Herzrasen, Herzstolpern)"Abhängig von der vorliegenden Form der Amyloidose kann es in einigen Fällen auch zu Schwindel, niedrigem Blutdruck oder Beschwerden des Nervensystems wie Taubheitsgefühl oder Schmerzen kommen", sagt aus dem Siepen. Auffällig sei auch, dass die Amyloidose oft mit orthopädischen Krankheiten einher gehe wie beispielsweise dem Karpaltunnelsyndrom oder der Spinalkanalstenose. Häufigkeit: Wie oft kommt die Krankheit vor?Die kardiale Amyloidose ist eine sehr seltene Erkrankung. Schätzungen zufolge tritt die Leichtketten-Variante bei 5 bis 13 von einer Million Personen pro Jahr auf. Ursächlich ist meist eine prinzipiell gutartige Erkrankung des Blutes, die monoklonale Gammopathie, in seltenen Fällen auch bösartige Erkrankungen des Knochenmarks (z.B. multiples Myelom).Die Häufigkeit der kardialen ATTR-Amyloidose dürfte deutlich höher liegen, genaue Zahlen existieren jedoch nicht. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 30 von 100.000 Menschen betroffen sind.Diagnose: So wird eine kardiale Amyloidose festgestellt Wie viele seltene Krankheiten wird auch die kardiale Amyloidose oft erst spät erkannt. Studien zeigen, dass etwa 20 Prozent der Patienten mit AL-Amyloidose die Diagnose erst nach mehr als zwei Jahren erhalten. Bei über 40 Prozent der Patienten mit einer ATTR-Amyloidose wird die Erkrankung erst mehr als vier Jahre nach dem Beginn der Symptome diagnostiziert.Aus dem Siepen weist allerdings darauf hin, dass die Diagnostik in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat. Zudem sei das Bewusstsein für die Krankheit sowohl bei Ärzten als auch Patienten geschärft worden. Das zeige sich unter anderem in einem deutlichen Anstieg der Erst-Diagnosen.Folgende Verfahren kommen bei der Diagnose zum Einsatz:bildgebende Verfahren: Echokardiographie oder das Kardio-MRTLaborchemische Untersuchungen von Blut und Urin Herzmuskel-Biopsie zum Nachweis von Amyloid-AblagerungenSzintigraphie (nuklearmedizinische Untersuchung)Ergänzend zu den diagnostischen Verfahren sollte auch eine gründliche Familienanamnese erfolgen, bei der ein Stammbaum erstellt wird. Ein Ruhe- und Langzeit-EKG sowie weitere körperliche Untersuchungen sind ebenfalls wichtige Elemente bei der Feststellung und Beurteilung der Krankheit.Was sind die Ursachen der Krankheit?Warum sich Amyloid im Herzmuskel ablagern, kann mehrere Gründe haben. Zu den häufigsten Ursachen gehören erworbene Störungen in den sogenannten Plasmazellen, die sich im Knochenmark befinden (AL-Amyloidose). Bei der hereditären ATTR-Amyloidose lösen Veränderungen des Erbguts in Form von Gen-Mutationen die Erkrankung aus. "Sie führen dazu, dass das Eiweiß Transthyretin seine Struktur verändert, sodass es seine eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen kann und als Amyloid abgelagert wird", sagt aus dem Siepen. Diese Form der Amyloidose sei vererbbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutation weitervererbt wird, liege bei 50 Prozent.Neben dieser Variante gibt es eine weitere Form der Amyloidose, bei der keine Veränderungen des Erbguts vorliegen: die Wildtyp-TTR-Amyloidose, die früher auch als Alters-Amyloidose bezeichnet wurde. "Wir wissen nichts über die Ursachen dieser Erkrankung", sagt aus dem Siepen. Auffällig sei jedoch, dass sie in erster Linie bei männlichen Patienten über 65 Jahren auftrete. Diese Erkrankung kann nicht weitervererbt werden.So erfolgt die Behandlung Die Behandlung von Amyloidosen unterscheidet sich je nach Art des abgelagerten Eiweißes und der betroffenen Organsysteme. "Das gilt auch für die kardiale Amyloidose", sagt aus dem Siepen. Bei der Leichtketten-Amyloidose kämen verschiedene Chemotherapien in Betracht, um gegen die Immunzellen vorzugehen, die das falsche Eiweiß produzieren.Bei der Transthyretin-Amyloidose dagegen gebe es mehrere Therapieansätze: "Es kommen sowohl Medikamente zum Einsatz, die das entsprechende Eiweiß stabilisieren, als auch solche, die die Entstehung des Eiweißes unterdrücken."Grüner Tee: Wirkstoff als Medikament geeignet? Möglicherweise hat das in Grünem Tee enthaltene Polyphenol Epigallocatechingallat (EGCG) eine positive Wirkung auf den Verlauf einer Leichtketten- oder Transthyretin-Amyloidose. "Laborversuche und Beobachtungsstudien legen nahe, dass die Substanz einen positiven Einfluss auf die Amyloid-Ablagerungen haben kann", sagt aus dem Siepen. Allerdings sei die Studienlage weniger gut als bei den in den klinischen Studien erprobten medikamentösen Therapien.Dennoch geben die Berichte einzelner Patienten, die den Tee-Inhaltsstoff einnahmen und deren Symptome am Herzen sich besserten, Anlass zur Hoffnung. Ob es zur Entwicklung eines Medikaments auf Basis von EGCG kommt und wann dies der Fall sein wird, ist jedoch völlig ungewiss. Vorher müssen weitere, umfangreiche Studien erfolgen.Verlauf und Prognose der kardialen AmyloidoseDa der Verlauf einer Amyloidose individuell sehr unterschiedlich ist, ist es schwer, pauschale Aussagen zur Prognose zu machen. Wie schnell die Krankheit fortschreitet, hängt unter anderem von der Art der Amyloidose ab, aber auch davon, wie gut die Therapien anschlagen. Fest steht jedoch: Je früher die Krankheit entdeckt wird, desto besser wirken die Medikamente und umso länger genießen die Patienten eine gute Lebensqualität. "Da viele Medikamente gegen die Transthyretin-Amyloidose neu sind, wissen wir allerdings noch nicht, wie sich diese auf das Langzeitüberleben der Patienten auswirken und wie viele Jahre man damit gewinnen kann", sagt aus dem Siepen. Bei einem frühen Therapie-Start könne man mit einem guten Verlauf rechnen. Das Gleiche gelte für die Leichtketten-Amyloidose. Auch bei ihr sei es wichtig, dass die Behandlung mit einer Chemotherapie so früh wie möglich beginne. Wird eine kardiale Amyloidose nicht oder zu spät behandelt, häufen sich immer mehr Eiweißablagerungen an, die Wände des Herzmuskels verdicken sich und das Herz kann wegen der Verklebungen nicht mehr richtig pumpen. "Die Patienten werden immer weniger belastbarer, und müssen häufiger ins Krankenhaus, weil sich Wasseransammlungen bilden", sagt aus dem Siepen. Am Ende käme es dann unweigerlich zum Herzversagen.