Wie ernährt man sich richtig? Daraus machen viele eine Wissenschaft. Warum das oft unnötig ist, erklärt unser Kolumnist Holger Stromberg. "Danke, Holger, für die ausgezeichneten und abwechslungsreichen Mahlzeiten während unserer gemeinsamen Zeit. Aber jetzt freue ich mich so sehr auf das, was ich liebe und vermisse. Jeden Tag gibt es schwarze Bohnen mit Reis. Und manchmal etwas dazu, wie Fisch, Fleisch oder Geflügel und Gemüse. Aber das Wichtigste sind mir schwarze Bohnen und Reis, denn die habe ich sehr vermisst und noch niemals eine so lange Zeit täglich darauf verzichtet." So verabschiedete der brasilianische Sicherheitsbeauftragte sich liebenswert, dankend, respektvoll und sympathisch bei mir, als wir 2014 den Weltmeistertitel gewonnen hatten und wir das Campo Bahia, das damalige Basisquartier, räumten. Die Fresswelle hält bis heute an Eine gesunde, ausgewogene Ernährung scheint hierzulande eine echte Herausforderung zu sein, die die meisten von uns schlichtweg überfordert. Die Fresswelle, die auf die mageren Nachkriegsjahre folgte, hält bis heute an. Zudem haben wir die paradoxe Situation einer Überernährung bei gleichzeitigem Nährstoffmangel. Denn das, wovon zu viel gegessen wird, ist dem Stoffwechsel und Antrieb unseres Lebens nicht förderlich. So auch aktuell bei Protein, das seit einigen Jahren, wie zuvor auch Fett, oder Kohlenhydrate etc., wie die Sau durch Volks-Dorf getrieben werden. Dabei sollte jeder wissen: Die Aminosäuren-Balance ist viel wichtiger als die Proteinmenge. Es geht um Aminosäuren, nicht um Protein Aminosäuren sind die Bausteine von Proteinen und spielen eine zentrale Rolle im Körper. Sie sind an vielen Prozessen beteiligt (etwa an der Bildung von Neurotransmittern und Hormonen), und viele sind essenziell. Das heißt: Der Körper kann sie nicht selbst herstellen, sie müssen ihm also durch die richtige Ernährung zugeführt werden. Ein Mangel an Aminosäuren kann vielfältige Beschwerden verursachen und tritt bei verschiedenen Stoffwechselerkrankungen auf oder wenn die Zufuhr über die Nahrung nicht ausreicht. Aminosäuren können aber auch im Überschuss vorhanden sein. Die Balance der Aminosäuren ist wichtiger als die reine Proteinmenge. Eine dauerhafte Protein-Überdosis führt dazu, dass wichtige Mineralien aus den Knochen gelöst werden. Das Risiko für Osteoporose steigt signifikant an. Darüber hinaus erhöht sich das Risiko für Rheuma und Gicht, welches vor allem der "Übersäuerung" geschuldet ist. Die richtige Balance finden Es ist also nicht nur die reine Proteinmenge, die zählt. Die Balance der Aminosäuren ist entscheidend. Eine ausgewogene Mischung aller essenziellen Aminosäuren ist für die Gesundheit von großer Bedeutung. Ruhe bewahren in Sachen Ernährung Hierzulande glaubt vermutlich kaum jemand, dass der schlanke, kerngesunde Sicherheitschef um die 60 sich ausreichend ausgewogen ernährte, obwohl er jeden Tag dieselben Speisen mit leichter Änderung in den "Toppings" aß, sie also durch Gewürze oder andere Zutaten aufwertete. Das tat er aber. Nicht, weil er dafür eine Excel-Tabelle genutzt hätte, sondern aus Erfahrung. Zum Hintergrund: Gekochte schwarze Bohnen haben pro Tasse etwa 15 Gramm Protein. 100 Gramm Reis gekocht, knapp drei Gramm. Das Ganze mal zwei (bei zwei Mahlzeiten) sind dort also 36 Gramm Protein drin – in etwa der halbe Tagesbedarf einer beispielsweise 72 Kilogramm schweren Person. Und: Das Gericht bietet genau das richtige Verhältnis von lebensnotwendigen Aminosäuren. Und mit den Toppings kann man sogar noch mehr herausholen. Also Ruhe bewahren in Sachen Ernährung und Orientierung sammeln, bevor das Leben auf den Kopf gestellt wird. Wichtig bei all der Besonnenheit ist doch, dass es am Ende so gut schmeckt wie beim brasilianischen Sicherheitsbeauftragten.