Darmflora-Tests: Neue Studie sieht Gefahren für Verbraucher

Spezielle Tests sollen die Mikroorganismen im Darm erkennen. Forscher zweifeln die Ergebnisse nun jedoch an. Und sehen Gefahren für Verbraucher. Spätestens seit dem Bestseller "Darm mit Charme" wissen wir: Die Mikroorganismen im Darm sind wichtig für die Gesundheit. Wer testen will, ob die eigene Darmflora intakt ist, kann sich frei verkäuflicher Tests bedienen. Amerikanische Wissenschaftler haben nun jedoch herausgefunden: Die Tests sind oft wenig aussagekräftig. Behauptungen von Unternehmen, sie seien dazu in der Lage, auffällige Mikrobiome zu erkennen, würden nicht durch die Forschung gestützt. Verbraucher könnten stattdessen ausgenutzt und geschädigt werden, mahnt die Gruppe um Diane Hoffmann von der University of Maryland in Baltimore in der Fachzeitschrift "Science. Eine gesunde Darmflora sieht bei jedem anders aus "Derzeit besteht keine Einigkeit darüber, was eine gesunde Zusammensetzung des menschlichen Mikrobioms in einer Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe ausmacht", betonen Hoffmann und Kollegen. Ein gesundes Darm-Mikrobiom kann also bei verschiedenen Menschen unterschiedlich aussehen. Die Herausforderung bei einem Darmflora-Test ist also nicht nur, die Mikororganismen richtig zu erfassen, sondern auch Rückschlüsse aus dem Testergebnis zu ziehen. Kommerzielles Interesse der Testanbieter Bei ihren Recherchen fanden die Autoren weltweit 31 kommerzielle Anbieter, die Tests und Analysen für Verbraucher anhand von Stuhlproben und ausgefüllten Fragebögen anbietet. In der Probe wird vorhandenes Erbgut ausgewertet, um Arten und Häufigkeiten von Bakterien und anderen Lebewesen im Darm zu ermitteln. "Ungefähr 45 Prozent der von uns identifizierten Unternehmen verkaufen Nahrungsergänzungsmittel, die sie den Menschen aufgrund ihrer Testergebnisse empfehlen", schreibt die Gruppe um Hoffmann. Sie befürchtet daher, dass die Testanbieter Verbraucher "ausnutzen" würden. Teurer Quatsch? Was Nahrungsergänzungsmittel wirklich bringen Gleiche Probe – unterschiedliche Testergebnisse Die Autoren bemängeln in "Science" vor allem, dass Unternehmen die analytische und klinische Aussagekraft sowie den klinischen Nutzen ihrer Tests nicht belegen müssten. Sie verweisen auf eine unveröffentlichte Studie des National Institute for Standards and Technology der USA (NIST). Das NIST hatte sieben Unternehmen, die Mikrobiom-Tests anbieten, jeweils drei Proben aus einer standardisierten Quelle von Stuhlmaterial geschickt – die Proben waren also alle gleich zusammengesetzt. Deutliche Unterschiede in den Ergebnissen traten nicht nur in den Berichten verschiedener Firmen auf, sondern sogar in den drei Berichten derselben Unternehmen. Stärkere Regulierung auch hierzulande? Hoffmann und Kollegen haben das Thema mit einer Arbeitsgruppe aus Mikrobiom-Forschern, Klinikern, Rechtsexperten für Medizinprodukte, Industrie- und Verbrauchervertretern sowie Bioethikern diskutiert. Aufgrund der Einschätzungen und ihrer eigenen Recherchen empfehlen sie eine stärkere Regulierung von Mikrobiom-Tests durch US-Behörden, womöglich sogar eine Einordnung als Medizinprodukt. Das würde strengere Vorschriften bedeuten. "Obwohl unsere Empfehlungen auf das US-amerikanische Regulierungssystem abzielen, können sie auch für andere Länder gelten, in denen diese Dienstleistungen vermarktet werden", schreibt die Gruppe in dem "Science"-Artikel.