Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS): Symptome des Fatigue Syndrom

Wer sich über lange Zeit und schon nach kleinen Anstrengungen ausgelaugt fühlt, könnte unter dem Chronic Fatigue Syndrom leiden. Das steckt dahinter. Müdigkeit ist für viele Menschen ein ständiger Begleiter. Viele kommen haben nicht nur Probleme damit, morgens aus dem Bett zu kommen, sondern fühlen sich auch den ganzen Tag über erschöpft. Die Ursachen, die dahinter stecken können, sind vielfältig. Eine davon ist das Chronic Fatigue Syndrom (Chronisches Erschöpfungssyndrom). Eine Ärztin erklärt, welche Symptome typisch sind und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Chronisches Fatigue Syndrom: Was ist das? Das Chronic Fatigue Syndrom – kurz CFS – oder auch Myalgische Enzephalomyelitis genannt, wurde in der älteren medizinischen Literatur oft als "chronisches Erschöpfungssyndrom" beziehungsweise "chronischen Müdigkeitssyndrom" bezeichnet. Sievgilt wegen ihres breiten Spektrums an Beschwerden als schwer zu diagnostizieren. Betroffene leiden über längere Zeit unter chronischer Müdigkeit und Erschöpfung, auch Fatigue genannt, die sich nicht "wegschlafen" lässt. Typisch ist auch die auf einen Infekt folgende schwere Erschöpfung, die mit ausgeprägten körperlichen und kognitiven Symptomen einhergeht. Selbst kleine Anstrengungen führen – oft erst am Folgetag – zu einer Zunahme der Beschwerden, die tage- oder sogar wochenlang anhalten können. Im Verlauf der Erkrankung werden viele Betroffene arbeitsunfähig, manche sogar bettlägerig und in der Folge pflegebedürftig. Verwechslungsgefahr mit Depression und Burn-out Anfangs wird die Krankheit darum häufig mit Depressionen oder Burn-out verwechselt. Aktuelle Studien sehen jedoch körperliche Faktoren als ursächlich, die das Immunsystem und das autonome Nervensystem beeinträchtigen. "Es spricht viel dafür, dass es sich bei CFS um eine Autoimmunerkrankung handelt", sagt Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen. Sie leitet die Ambulanz für Patienten mit Immundefekten in der Charité Berlin sowie das Charité Fatigue Centrum, an dem auch die Erkrankung CFS erforscht wird. "Patienten haben unter anderem häufiger Begleiterkrankungen, die wir auch von anderen Autoimmunerkrankungen kennen. Zudem finden wir diese auch in der Familiengeschichte häufiger", erklärt Scheibenbogen. Womöglich ist CFS aber keine einheitliche Erkrankung. So erkranken viele Patienten nach einer Infektion, ein Teil aber auch ohne offensichtlichen Auslöser. Aktuelle Zahlen aus den USA gehen davon aus, dass 0,5 Prozent der Bevölkerung von CFS betroffen sind. Damit wären in Deutschland 400.000 Menschen an CFS erkrankt. Das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) wertete 2015 mehr als 9.000 wissenschaftliche Arbeiten zu CFS aus und definierte als Leitsymptome neben der maßgeblichen Einschränkung im Alltagsleben eine Kränklichkeit nach Anstrengungen ("post-exertional malaise") und einen nicht erholsamen Schlaf ("unrefreshing sleep") sowie kognitive Einschränkungen oder Kreislaufbeschwerden über mindestens ein halbes Jahr. Symptome der Erkrankung CFS wird häufig erst spät diagnostiziert, weil viele Symptome denen anderer Erkrankungen gleichen und viele Ärzte nicht ausreichend über die Erkrankung informiert sind. Über Laborergebnisse oder andere Diagnoseverfahren mit objektiven Parametern lässt sich die Krankheit bislang nicht nachweisen. CFS beginnt oft plötzlich und wird meist chronisch. Ein Leitsymptom ist die Belastungsintoleranz. Die Patienten kommen oft schon bei leichten Aktivitäten wie etwa fünf Minuten Spazierengehen an ihre Belastungsgrenzen und erleben danach oft einen dramatischen Zusammenbruch und liegen tagelang im Bett. "Wenn man Patienten fragt, was passiert, wenn sie Sport machen, dann schildern sie eindrucksvoll die ausgeprägte Zustandsverschlechterung oft für Tage oder Wochen", sagt Carmen Schreibenbogen. Neben dieser sogenannten Fatigue haben die Patienten schwere Konzentrationsstörungen und Schmerzen. Die meisten Patienten haben schwere Schlafstörungen . Viele haben auch Vitamin- und Eisenmangel und häufig starke Schmerzen, leiden an einem Reizdarm , weil sie viele Nahrungsmittel nicht mehr vertragen. Oft ist die Muskelkraft deutlich vermindert und die Patienten sind anfälliger für Infekte und bekommen schwere Allergien. Viele Betroffene sind zudem stark reizempfindlich, halten normale Geräusche, Temperaturschwankungen und Licht nicht mehr gut aus. Mögliche Symptome im Überblick Psychisch geringe Belastbarkeit Stimmungsschwankungen, Ängste, Panikattacken Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen Körperlich Chronische Erschöpfung (Fatigue) bis hin zur Bettlägerigkeit starke Schlafstörungen und nicht erholsamer Schlaf Vitamin- und Eisenmangel Reizdarm verminderte Muskelkraft starke Allergien Infektanfälligkeit Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten Kopf- und Gliederschmerzen Muskel- und Gelenkschmerzen Licht-, Temperatur- und Geräuschempfindlichkeit Übelkeit und Magen-Darm-Beschwerden Herz-Kreislaufbeschwerden Kurzatmigkeit Diagnose des Chronic Fatigue Syndrom Ärzte können die Krankheit nur durch Ausschlussverfahren diagnostizieren. Sie müssen die Betroffenen also zunächst auf organische oder psychosomatische Erkrankungen untersuchen, die mit Fatigue einhergehen. Das können etwa Tumorerkrankungen, entzündliche Darmerkrankungen oder Multiple Sklerose, Diabetes mellitus sowie psychische Erkrankungen wie Depression sein. Mögliche Ursachen des Syndroms Verschiedene Virusinfektionen gelten als mögliche Auslöser für ein Chronisches Erschöpfungssyndrom . Diskutiert werden auch Immundefekte und hormonelle Störungen als Ursachen. Lange wurden auch psychische Belastungen oder Stress als Auslöser betrachtet, allerdings widerlegen aktuelle Studien die Ansicht, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt. Neuere Forschungen etwa der Berliner Charité legen nahe, dass es sich bei dem Syndrom zumindest bei einem Teil der Betroffenen um eine Autoimmunerkrankung handelt. "Häufig erkranken junge, zuvor gesunde Menschen etwa nach einer Grippe oder einer Darminfektion", weiß die Medizinerin Scheibenbogen. Bei Jugendlichen trete das Chronische Erschöpfungssyndrom sehr oft nach Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus auf, das Pfeiffersches Drüsenfieber auslöst. Post Covid: Fatigue als Folgeerkrankung Auch nach einer überstandenen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 berichten Menschen häufig von Symptomen wie ständiger Müdigkeit und Schwächegefühl. Mediziner sprechen bei diesen Auffälligkeiten vom Long-Covid- oder Post-Covid-Syndrom, weil es anhaltende Beschwerden sind. Auch kognitive Defizite wie Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen treten nach einer Infektion häufiger auf. Wie Forschende der Charité und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, in einer aktuellen Studie zeigen, sind überwiegend junge Frauen von einem Erschöpfungssyndrom betroffen. Geistige Beeinträchtigungen wurden eher bei Männern ab 55 Jahren beobachtet, wie die Forschenden im Fachmagazin "eClinicalMedicine" berichten. Die Erkenntnisse basieren auf umfangreiche Daten der COVIDOM-Studie, einer Erhebung im Rahmen des Nationalen Pandemie Kohorten Netzwerks (NAPKON). Chronisches Fatigue Syndrom: Behandlung Das Chronic Fatigue Syndrom ist aktuell nicht therapierbar. Medikamente, die an der Ursache angreifen, gibt es noch nicht. "Wir raten Patienten erst einmal, belastende Situationen und damit solche Schübe zu vermeiden", sagt Expertin Scheibenbogen. Ist ein CFS diagnostiziert, wird der Patient in der Regel von seinem Hausarzt weiterbehandelt, der gegen bestimmte Symptome Medikamente verschreiben kann. Schmerzmittel können die Beschwerden im Bereich der Gelenke oder Kopfschmerzen lindern. Entspannungsverfahren und Beruhigungsmittel können bei Schlafstörungen helfen, in einer Verhaltenstherapie können Patienten neue hilfreiche Verhaltensweisen erlernen. Auch Reizdarm und Konzentrationsstörungen kann man behandeln. "Es gibt auch eine gewisse Chance, dass die Erkrankung über die Jahre besser wird und bei wenigen sogar ausheilt", so Carmen Scheibenbogen. Selbsthilfe für CFS-Patienten Betroffene werden meist dazu angehalten, sich ihre Kraft im Alltag gut einzuteilen und Ruhepausen einzulegen. Häufig müssen Patienten außerdem ihre Aktivitäten an die Erkrankung anpassen. Es empfiehlt sich ein geregelter Tagesablauf mit festen Mahlzeiten und angemessenen Phasen für Aktivität und Erholung. Auch das regelmäßige Praktizieren von Entspannungstechniken kann helfen. Zahlreiche Selbsthilfeorganisationen wie etwa Fatigatio e. V. und der Bundesverband Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS/CFIDS/ME) bieten weitere Ratschläge und Austausch mit anderen Betroffenen. In Deutschland gibt es derzeit nur ein Behandlungszentrum, das sich der Erforschung des CFS widmet: das 2018 begründete Fatigue Centrum der Charité in Berlin. Es bietet Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte sowie weitere Informationen für Mediziner und Patienten auf seiner Website .